Die Burg zu Bell

Nichts hat in Bell eine solch abwechslungsreiche Historie aufzuweisen wie die Burg (Beller Platt: de Bursch). Sie gehört zu Bell wie das Weihwasser zur Kirche.
Mit der alten Kirche hat sie einen ca. 900 Jahre währenden Wegbegleiter. Leider sind von beiden nur noch Reste oder Ruinen übrig. Es darf vermutet werden,
dass beide Einrichtungen, nämlich Kirche und Burg, erst nach der Gründung von Maria Laach (1093) entstanden sind.
In Band VII „Geschichtliche Landeskunde“ sind folgende frühere Namensformen für die Burg angegeben:

1267 – Castellum meum in Belle

1280 – Castrum Belle

1336 – Hus de Belle

1598 – freie Burg zu Bell

1750 – nobilis et libera Domus in Bell

Der erste urkundlich erwähnte Eigentümer war das Rittegeschlecht der « Kolve von Belle“ mit Gottfried von Belle (1241) und Hermann dictus Colve de Belle (1263).
Deren Wappen hatte drei rote Hämmer in silbernem Feld mit Turnierkragen oder Raute als Beizeichen (vermutlich das Vorbild für unser heutiges Wappen).
Bis 1476 nannten sich alle Besitzer der Burg „von Belle“. Erst als 1476 die Nonne Agnes von Belle (damals Ordensschwester im Kloster St. Thomas in Andernach)
die Burg an ihre Nichte Kunigunde von Wolfskehl verkaufte, änderten sich die Namen.

Bereits 1499 heißt der neue Besitzer Johann von Müllenark und ab 1592 Richard Krümmel von Nechtersheim zu Gartzem.
Die letzte Erbtochter aus dieser Linie, Anna Maria, heiratete dann 1704 Karl Josef von Brewer aus Lahnstein. Diese Linie von Brewer blieb bis 1974 Besitzer der Burg.
Als 1974 der letzte, nämlich Franz Xaver von Brewer, ohne direkte Nachkommen verstarb, verkauften die Anverwandten das Gut je zur Hälfte an zwei Brüder aus Mendig. Das bis dahin rein landwirtschaftlich geführte Gut hatte zu dieser Zeit ca. 42 ha Feld, ca. 8 ha Wiesen und ca. 12 ha Wald.

Viele Beller hatten, und haben immer noch, mit dieser Zerschlagung einer jahrhundertealten Dorfinstitution und deren Degradierung zu einem reinen Spekulationsobjekt ihre Probleme. Wenn man nämlich in der Burgchronik nachblättert, erkennt man immer wieder mit welchen Schwierigkeiten und Widrigkeiten die adligen Eigentümer zu kämpfen hatten und was sie alles taten um den Fortbestand dieser relativ kleinen „Burg“ zu sichern.

Selbst ein Großbrand um 1400, der die Burg stark beschädigte, konnte die Weiterführung nicht gefährden.
Bis 1802 konnten sich die Burgherren nie ganz von Maria Laach lösen und die oft angestrebte Dorfhoheit konnte nie erreicht werden. Erst Napoleon verschaffte mit der Auflösung der Abtei dem Burgherrn J. A. von Brewer ein Mehr an Bedeutung. Er wurde zuerst Maire von Bell und von 1808 bis 1852 Bürgermeister der neu gegründeten „Bürgermeisterei St. Johann“. Die Burg blieb auch bis 1862 Verwaltungssitz dieser neuen Einrichtung. 1831 wurde die Burg nach Preußischer Ordnung sogar „Landtagsfähiges Rittergut“ (Crümmelburg).
Im Laufe der Jahrhunderte hatten sich die Burgbesitzer einige Sonderrechte erworben.

Wegen der Schenkung des Baugrundes für die Kirche hatten sie einen Ehrenplatz in der Kirche und hierzu sogar einen separaten Zugang.
Die Familiengruft in der alten Kirche wurde nach der Einsegnung des neuen Friedhofes am 1. November 1849 nach dort verlegt und besteht noch heute.
Zur Zeit wird die Hälfte des Burgareals gewerblich genutzt. Das ehemalige Herrenhaus auf der gegenüberliegenden Seite muss man schon fast als Ruine bezeichnen.
Zum Abschluss bleibt es jedem Leser überlassen sich selbst ein Urteil darüber zu bilden, ob die Zerschlagung der Gesamteinrichtung „Burg“ und damit eines dörflichen Kulturgutes, unsere Welt reicher oder ärmer macht.

von Karl Schneider, Bell (März 2004)